Donnerstag, 2. Januar 2014

[Rezension] Die Welt ist eine Muschel

http://www.randomhouse.de/content/edition/covervoila_hires/DAvenia_ADie_Welt_ist_eine_Muschel_136104.jpgTitel: Die Welt ist eine Muschel
Originaltitel: Cose che nesunno sa
Autor/in: Alessandro D´Avenia
Reihe: /
Preis: 12,99€
Seiten: 416
Verlag: btb
Erscheinungdatum: 9. Dezember 2013
ISBN-13: 978-3442746620
Leseprobe
Der Geruch des Meeres, ein Sprung ins Ungewisse und der Sommer deines Lebens

Der Geruch des Meeres, die Gischt der Wellen, das gleißende Licht, das sich zwischen Horizont und Himmel sammelt und Margheritas klare grüne Augen tränen lässt: Ihren 14. Geburtstag verbringt sie mit ihrem Vater auf einem Segelboot. Es ist das Ende des Sommers und der Beginn einer neuen Zeit, denn bald fängt für Margherita das Jahr an der Oberschule an. Sie hat Angst, aber der Vater beruhigt sie – alles wird gutgehen. Doch nach diesem Sommer ist für Margherita nichts mehr so, wie es einmal war. Der Vater verlässt die Familie ohne Erklärung und lässt seine Tochter mit dem unaussprechlichen Gefühl der Trauer zurück, das sie in sich einschließt wie die Perle in einer Muschel. Doch sie erfährt auch, wie es ist, wenn einen die Liebe wie ein Blitz trifft. Und sie lernt, dass man manchmal handeln muss, um das Glück festzuhalten …



Tiefsinnig und schwermütig ist die Stimmung in diesem zauberhaften Roman. Die Geschichte der 14-jährigen Margherita geht unter die Haut und berührt die Seele. Das schönste an dem Buch ist jedoch der wunderbar poetische Schreibstil des Autors, dessen Worte einem auch beim Lesen auf der Zunge zergehen und die ein oder andere Gänsehaut bescheren.
Ein toller Titel, ein tolles Cover, harmonisch, schön und träumerisch!
Einziges Manko: An der Seite hat das Buch die grüne Farbe, in der auch der Autorenname gedruckt wurde, das beißt sich leider etwas.
Die Charaktere sind schon ein Kunstwerk für sich! Geschickt kombiniert der Autor die verschiedensten Charakterzüge und bastelt daraus eine handvoll Figuren, die es wirklich in sich haben. Authentisch, real und greifbar geben sie dem Leser direkt das Gefühl, sie zu kennen. Schon nach wenigen Sätzen kann man zu ihnen allen eine Verbindung aufbauen.
Unterstützt wird dies durch einige weitere Perspektiven, außer der Margheritas. So bekommt man beispielsweise einen Einblick in das Leben ihres neuen Lehrers, in ihren Bruder, ihre Mutter, Großmutter und ihre erste große Liebe.
Dies verdeutlicht, wie die unterschiedlichen Leben der Figuren doch miteinander verknüpft sind, welche große Auswirkungen die noch so kleine Tat eines Einzelnen auf alle anderen hat. Das Zusammenspiel der Figuren ist so ausgefeilt und wirkt dennoch so natürlich, dass ich nur eines sagen kann: Ich bin begeistert!
Magherita hat mit den typischen Teenager-Problemen zu kämpfen. Als ihr Vater überraschend die Familie verlässt erlebt man ihren emotionalen Zusammenbruch hautnah mit, leidet, hofft und bangt mit ihr.
Auch das Leiden ihrer Mutter und ihres Bruders bleiben dem Leser nicht verborgen und rufen eine sehr melancholische Stimmung hervor.
Ebenso großartig gelungen sind die weiteren Figuren, wie die herzliche Großmutter, der liebesscheue Lehrer und die etwas verrückte Freundin. Sie alle begeistern durchweg und bleiben noch lange in Erinnerung.
 
Margherita steht kurz vor einem großen und aufregenden Lebensabschnitt: Nach den Ferien kommt sie in die Oberstufe. Ängste und Zweifel packen sie und nur ihr Vater gibt ihr etwas Selbstvertrauen. Doch dann verlässt er völlig überraschend und ohne Erklärung seine Familie und Margheritas heile Welt bricht zusammen.
Das wirkt sich auch auf die Schule aus, sie zieht sich zurück, hat Angst vor den Mitschülern, ist innerlich vollkommen zerbrochen. Erst als sie eine Freundin findet, bekommt sie wieder einen gewissen Halt. Völlig verzaubert trifft sie in der Schule auf einen Jungen, der sie magisch anzieht. Margherita erfährt in dieser schweren Situation den Zauber der ersten Liebe, doch der Verlust ihres Vaters überschattet alles.
Durch die Schullektüre fühlt Margherita sich gedrängt, ihren Vater zurückzubringen. Sie macht sich auf, um ihn zurückzuholen. Eine verhängnisvolle Entscheidung, die alles verändern wird...
Die Geschichte geht so dermaßen unter die Haut, es lässt sich kaum in Worte in fassen. Die Stimmung ist so magisch und greifbar, als würde man das alles selbst erleben.
Handlungsverlauf genial, Spannungsbogen super, Romantik, Drama, ein Sturm der Gefühle, alles vorhanden...
Ein wahres Meisterwerk und hiermit von mir persönlich zum Must-Read ernannt!

Normalerweise schrecke ich wirklich davor zurück, ein Buch in irgendeiner Weise zu besudeln, einzuknicken oder sonstige Dinge mit ihm anzustellen, aber hier konnte ich einfach nicht widerstehen und habe einen Textmarker zur Hand genommen.
Manche Stellen sind so unheimlich schön und sprechen mir einfach aus der Seele, dass ich sie markieren musste. Viele Sätze liest man zweimal, weil sie einfach so sehr berühren, dass man sie wieder und wieder und wieder lesen möchte.
Das ganze Buch ist unheimlich poetisch und bildhaft geschrieben (ich würde sagen, man merkt eindeutig, dass der Autor Italiener ist), dass der Roman wie ein einziges himmlisches Gedicht wirkt. Ja, ich bin verliebt ;)


4,6 Punkte

Frauen tragen ihr Gedächtnis nicht im Kopf, sondern im ganzen Körper. Seele und Körper einer Frau sind eins und jedes Körperteil hat ein Gedächtnis, vor allem, wenn sie die streichelnde Hand, die liebevolle Umarmung, die zärtlichen Lippen, die sie küssten, verloren hat.

Sie hatte bereits die Endstation erreicht, es gab keine Reise. Sie hatte die Nase voll von Worten, mit Worten erzählen die Menschen Lügen. Sie sagen "ich liebe dich", sie sagen "alles wird gut", doch dann hauen sie ab. Das schreckliche an Worten ist, dass sie nur Worte sind, man kann sie entstehen lassen, selbst wenn sie schon tot sind. Sie wollte keine Lügen mehr, sie wollte sich auf kein Versprechen mehr verlassen.

Liebe nährt sich vor allem von Distanz, zu viel Nähe erdrückt sie und lässt sie erlöschen. Nur wer noch begehren kann, bleibt verliebt. Wer besitzt, begehrt bald etwas anderes... Eine erträumte Liebe macht glücklicher als zwei Zahnbürsten in einem Glas.

Das Leben raubt uns den Schlaf, weil wir Angst davor haben und zugleich dafür brennen, wir wollen es festhalten und ihm seine Versprechen entreißen, doch wir haben Angst davor. Wir haben Angst, dass es uns niederringt, dass es uns enttäuscht, dass wir uns alles nur eingebildet haben. Der Gedanke an die Zukunft muss euch den Schlaf rauben. Ihr habt Angst davor. Das ist ein Zeichen, dass ihr lebt, dass das Leben in euch eindringt.

Sie konnte die Grauzone des Betrugs nicht ermessen, weil der Betrug meist nur der Endpunkt von etwas ist, was sehr viel früher begonnen hat, der Endpunkt zahlloser kleiner Täuschungen, die sich wie Holzwürmer durch die Schrankwände fressen, bis der Schrank plötzlich zusammenbricht und niemand weiß, warum





Alessandro D'Avenia
© Marta D'Avenia
Alessandro D'Avenia, geboren 1977, stammt aus Palermo. Seit einigen Jahren lebt er in Mailand, wo er am Gymnasium San Carlo Italienisch und Latein unterrichtet. Sein erster Roman Weiß wie Milch, rot wie Blut steht in Italien seit Erscheinen 2010 auf der Bestsellerliste und wurde in zwanzig Länder verkauft.

1 Kommentar:

  1. Jetzt will ich dieses Buch unbedingt lesen! Der Klappentext hat mich schon angesprochen, aber deine Rezension hat mich wirklich überzeugt ;)

    Liebe Grüße
    Chrisi

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