Freitag, 9. November 2012

[Rezension] Die Insel der Orchideen

http://www.droemer-knaur.de/fm/48/thumbnails/978-3-426-51163-3.jpg.30160825.jpgTitel: Die Insel der Orchideen
Originaltitel: /
Autor/in: Tessa White
Reihe: /
Preis: 9,99€ 
Seiten: 592
Verlag: Knaur TB
Erscheinungdatum: 2. November 2012
ISBN 3426511630
Wertung: 4,3/5
Leseprobe
Schiffe aus aller Herren Länder, ein Gewirr von Stimmen, faszinierende Farben und berauschende Düfte – als die Schwestern Leah und Johanna 1856 in Singapur eintreffen, ahnen sie in ihrer Begeisterung nicht, dass die schillernde Löwenstadt ihr Schicksal bestimmen wird: Johanna nimmt den Antrag des jungen Geschäftsmannes Friedrich von Trebow an und übersieht die tiefen Gefühle, die ein anderer für sie hegt – ein folgenschwerer Fehler. Ihre wilde Schwester Leah verliert ihr Herz an einen jungen Chinesen, eine Beziehung, die nicht sein darf. Als man die Liebenden trennt, flieht Leah und begibt sich auf eine gefahrvolle Reise auf der Suche nach Anerkennung, Glück und nach sich selbst.



 


"Die Insel der Orchideen" erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die einen dadurch, dass man sie durch einen Großteil ihrer Leben begleitet, zutiefst berührt und fesselt. Wenn es nach mir ginge, hätte das Buch noch tausende Seiten mehr haben können.

Das Cover ist ansprechend und in angenehmen Tönen gehalten. Das Motiv passt gut zum Inhalt, ebenso wie die sanfte, aber doch verheißungsvolle Ausstrahlung. Der überwiegend freundliche Eindruck trügt jedoch, denn über der ganzen Geschichte lasten stets dunkle Ereignisse.

Auch wenn die Charaktere anfangs etwas träge und schwerfällig erscheinen, haben sie nach Beenden des Buches doch einen Weg ins Leserherz gefunden.
Dadurch, dass die Geschichte einer so langen Zeitspanne erzählt wird (ca. 30 Jahre), lernt man die Figuren natürlich äußerst gut kennen und gewöhnt sich an sie. Ihre Charaktere entfalten sich langsam und nach und nach beginnt man, sie immer besser zu verstehen.
Die Fülle und Qualität der Figuren ist wirklich beeindruckend. Jede einzelne wird lebendig und man kann zu ihnen allen eine Verbindung aufbauen. Auch wenn man viele ihrer Handlungen nicht gutheißt, so kann man diese doch immer nachvollziehen.
Die wohl wichtigsten Charaktere sind die Schwestern Johanna und Leah, die sich sehr voneinander unterscheiden. Johanna übernahm schon früh die Verantwortung für ihre jüngere Schwester, wodurch sie bereits in jungen Jahren sehr reif, besonnen und erwachsen ist. Leah empfindet sie aufgrund dessen oft als langweilig und kann nicht viel mit ihr anfangen. Leah selbst ist ein abenteuerlustiges, aufgewecktes Mädchen, das sich wenig um die Meinung ihrer Mitmenschen schert. Sie tut, was sie für richtig hält und sieht nicht ein, dass sie ihr Temperament zügeln soll, um sich der Gesellschaft anzupassen.
Oft schießt sie damit übers Ziel hinaus und nicht wenige Menschen sind empört über ihr Verhalten. Ihre Familie, besonders ihr Vater und Johanna, steht jedoch hinter ihr und stärkt ihr den Rücken.
Auch Friedrich, in den sich Johanna während ihrer Reise nach Singapur verliebt, Chee Boon Lee, der Chinese der Leahs Herz erobert, Mercy, die lebhafte Nachbarin und unzählige mehr spielen wichtige Rollen.
Das Buch ist voller Figuren, die niemals blass erscheinen, egal, welch kleine Rolle sie auch übernehmen.
 
Die Geschichte braucht eine Weile, um einen wirklich zu fesseln. Anfangs ist die Distanz zur Handlung sehr groß, als betrachte man etwas aus weiter Ferne. Erst im Laufe der Story findet man sich immer mehr ein, um schließlich unbemerkt komplett von ihr eingenommen zu sein.
Das Buch ist sehr abwechslungsreich und besteht aus zahlreichen Handlungssträngen. Man begleitet Johanna und Leah ihr halbes Leben lang, wodurch eine unglaubliche Nähe und Verbindung zur Geschichte entsteht.
Auch aus Sicht anderer Personen wird erzählt und man erhält von allen Seiten Einblicke ins Geschehen. Die verschiedenen Teile der Geschichte fügen sich wunderbar zusammen und man schließt das Buch ganz schön wehmütig ab, denn man möchte sich einfach nicht von den liebgewonnenen Figuren und der Umgebung trennen.
"Die Insel der Orchideen" bietet zahlreiche Schauplätze, wie Singapur, einige Inseln, England,...
Ebenso abwechslungsreich wie die Orte ist auch die Handlung selbst, die ein ständiges Auf und Ab der Gefühle darstellt. Ein Drama jagt das nächste, man befindet sich in einem ständigen Gefühlschaos.
Dadurch, dass oft ganze Jahre zwischen den Abschnitten fehlen, wirkt diese geballte Ladung an Drama leider etwas überzogen und weit hergeholt. Nur schwer kann man sich vorstellen, dass in einer einzigen Familie so viel Unglück und Leid geschieht. Was das angeht, ist die Autorin meiner Meinung nach etwas über das Ziel hinausgeschossen.
Tod, unglückliche Liebe, schreckliche Ehen, Intrigen, Krankheiten, Geldsorgen, Naturkatastrophen,... Alles ist dabei.
Für die Charaktere hätte ich mir mehr glückliche Lebensabschnitte gewünscht, die aber entweder wirklich sehr rar sind, oder sich schlichtweg in den weggelassenen Jahren abspielen.
Alles in allem gefällt mir die Geschichte äußerst gut und es fällt nicht leicht, sie hinter sich zu lassen.

Der Schreibstil ist super gelungen und fließend, jedoch nicht ganz einfach. Man muss sich zunächst in die Sprache des 19. Jahrhunderts einfinden und auch um viele Fremdwörter kommt man nicht herum. Schnell gewöhnt man sich daran und verliert sich vollkommen in den Worten der Autorin. Besonders fasziniert mich, dass nur selten die Gefühle der Personen genannt werden, diese jedoch trotzdem ununterbrochen spürbar sind.

4,3 Punkte


Tessa White unternahm gemeinsam mit ihrem Mann ausgedehnte Reisen durch die Länder Asiens, die den Stoff für ihre Romane lieferten. Sie ist freie Werbetexterin und Autorin und lebt in Hamburg.

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