Sonntag, 23. Februar 2014

[Rezension] Die unterirdische Sonne

http://www.randomhouse.de/content/edition/covervoila_hires/Ani_FDie_unterirdische_Sonne_143244.jpgTitel: Die unterirdische Sonne
Originaltitel: /
Autor/in: Friedrich Ani
Reihe: /
Preis: 16,99€
Seiten: 336
Verlag: cbt
Erscheinungdatum: 24. Februar 2014
ISBN-13: 978-3570162613
Leseprobe
Am Rand der Nacht, in der Stille der Nacht allein

Eine Insel. Ein Haus. Ein Keller. Fünf Jugendliche, die mit Gewalt darin festgehalten werden. Kein Tageslicht. Und täglich wird einer von ihnen nach oben geholt. Doch niemand spricht über das, was dort geschieht. Denn wer spricht, stirbt, bekommen sie gesagt. Die Lage scheint aussichtlos, und Angst, Wut, Schmerz, Verzweiflung und Sehnsucht lassen die Jugendlichen beinahe verrückt werden. Doch nichts kann sie retten vor den schrecklichen Dingen, die geschehen. Bis ein neuer Junge zu ihnen gebracht wird, der nicht bereit ist, die Gewalt zu akzeptieren.




"Die unterirdische Sonne" musste ich aufgrund nur einer Sache unbedingt lesen: dem Interview mit dem Autor. Seine leidenschaftliche Erzählung über seinen Roman, seine spürbare Verbundenheit zu seinen Figuren und seine eindringlichen Worte zwingen einen geradezu, das Buch zu lesen. Entsprechend schwer fällt es mir, eine eher negative Rezension zu verfassen, denn ich konnte dem Buch leider überhaupt nichts abgewinnen.

Sowohl beim Cover, als auch beim Titel wird mit Symbolen und versteckten Botschaften gespielt, die treffender nicht sein können. Die Hintergründe des Titels werden im Interview erläutert, ich kann wirklich nur empfehlen, es anzusehen!


Aufgrund des Videos hatte ich enorm hohe Erwartungen an die Charaktere. Besonders die Aussage des Autors, er spiele nicht, er erzähle nur, hat mich unheimlich fasziniert. Meine Erwartungen wurden aber wirklich gar nicht erfüllt. So sehr ich auch versucht habe, mich auf die Figuren einzulassen, mich in sie hineinzufühlen und gemeinsam mit ihnen diese schwere Zeit durchzustehen, es wollte mir einfach nicht gelingen.
Die Kinder und Jugendlichen sind zerbrechlich, in sich gekehrt, vollkommen verzweifelt, leer und doch glüht die Hoffnung in ihnen. Aber sie wurden für mich einfach nicht lebendig. Ich konnte keinen Draht zu ihnen aufbauen, ihre Gefühle und Gedanken nicht teilen. Als besonders störend habe ich ihre Ausdrucksweise empfunden, "egal, Schwester Regal" oder "putzelig" sind Wörter, die mich immer wieder aus der Geschichte geworfen haben und mein einziger Gedanke dazu war "strange".
Obwohl man auch viel über die Hintergründe der Jugendlichen erfährt, werden sie nicht greifbarer. Es wird lediglich deutlich, wie viel ihrer Persönlichkeit bereits zerbrochen ist. Man versteht, wieso sie so unterschiedlich auf die Situation reagieren, welche Verbindung zu ihrem ehemaligen Leben sie durchhalten lässt, welche schlimmen Erfahrungen sie nur noch mehr erdrücken.
Aber dennoch bleiben die Figuren ungreifbar, jedesmal wenn ich das Gefühl hatte, kurz davor zu sein, sie endlich zu fassen zu bekommen, sind sie mir wieder entglitten. Eine besondere Enttäuschung war Noah, der als der große Hoffnungsträger dargestellt wird und der mich aber überhaupt nicht beeindrucken konnte. Ob es nun an meinen hohen Erwartungen lag oder schlichtweg an der extremen Situation, in die ich mich nicht hineinfühlen konnte, ich konnte mit den Charakteren leider nichts anfangen.
 
Fünf Jugendliche, die in einem Keller auf einer Insel gefangen gehalten werden, Leon sogar schon seit über einem Jahr. Sie werden gut versorgt, müssen nicht hungern, haben eine Heizung, Licht, ein eigenes Bad. Doch ihr Leben, sofern man es noch als solches bezeichnen kann, ist die Hölle.
Jeden Tag wird einer oder zwei von ihnen nach oben geholt, wo sie aufs Übelste misshandelt werden. Darüber was passiert, dürfen sie nicht sprechen, sonst müssen sie sterben. Teilnahmslos und aufgewühlt, vollkommen leer und verzweifelt kommen sie wieder in den Keller. Jeder weiß, was den anderen angetan wird, doch kein Wort darf darüber fallen.
Die Geschichte konzentriert sich vollkommen auf den Keller, über das, was "Oben" geschieht, erfährt man nur bruchstückhaft einige Details, meist Erinnerungsfetzen. So wird besonders das Eingesperrtsein deutlich, genauso wie die maßlose Hilflosigkeit der Jugendlichen, die sich nur durch eines am Leben halten: ihre Geschichten.
Sie erzählen sie in Gedanken sich selbst, aber teilen sie auch. Nur so entfliehen sie dem Keller, schöpfen erneut Kraft und Hoffnung, um noch einen weiteren Tag auszuhalten. Auch als sie schon kurz davor sind, sich vollkommen aufzugeben,  nur noch auf einen baldigen Tod zu hoffen, können die Geschichten sie erneut ans Licht locken.
Das Buch ist sehr drückend, sogar beängstigend, durch die schattenhafte Präsenz der Täter und der Ungewissheit, was wirklich mit den Jugendlichen passiert. Dadurch, dass man das nie wirklich erfährt, aber man es sich dennoch zusammenreimen kann, wird das Ganze noch beängstigender und grausamer.
Die Geschichte hat mich leider nicht wie erwartet mitgerissen, eine gewisse Distanz zur Story blieb durchgehend vorhanden und machte das Mitfiebern leider sehr schwer. Ein Buch, das ich nicht gerne gelesen habe, da es mich weder fesseln konnte, noch in dem Maße berühren, wie ich es erwartet hätte. Ich wollte es ab einem gewissen Punkt nur noch hinter mich bringen und war froh, es beenden zu können, nachdem selbst das Ende mir einfach nur komisch vorkam.

Leider hatte ich auch mit dem Schreibstil so meine Schwierigkeiten. Die schon angesprochene Ausdrucksweise der Kinder und Jugendlichen war oft sehr merkwürdig, ungewohnt und befremdlich, wodurch ich das Buch wirklich nicht gerne gelesen habe. Die drückende Stimmung hingegen wird sehr glaubhaft vermittelt, reicht aber nicht aus, um bei mir einen positiven Eindruck zu hinterlassen.

1,6 Punkte



Friedrich Ani
© Random House/Isabelle Grubert
Friedrich Ani wurde 1959 geboren und lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Friedrich Ani ist Mitglied des Internationalen PEN-Clubs.

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